Zeichnungen "… wie Erbstücke"
Geschrieben von Kay-Christian Heine
Probsteier Herold
Freitag, 11. Juni 2010

Tina Labuzinski, in diesem Jahr dritte Gastkünstlerin in den Salzauer Druckwerkstätten, zeigt noch bis zum 18. Juni in der Galerie im Torhaus ihre Ausstellung "...wie Erbstücke". Thema der gezeigten großformatigen Arbeiten ist die Übersetzung von Pflanzenformen in eine Serie von Zeichnungen. Ausgangspunkt der Künstlerin ist dabei stets die Betrachtung der Natur und die Auseinandersetzung mit vorgefundenen Formverhältnissen.

Nicht naturgetreue Darstellung, sondern Eigentümlichkeiten der Form zeigen: Gastkünstlerin Tina Labuzinski stellt in der Salzauer Galerie im Torhaus großformatige Zeichnungen aus.

Wenn es um ihre Kunst geht, ist die zierliche, dunkelhaarige Künstlerin Tina Labuzinski voll bei der Sache. Das verraten beim Gang durch die Ausstellung ihre sprühenden Augen und die lebhafte Gestik, mit der sie sich ihren Werken erklärend nähert. Diese Werke nehmen schon durch ihr Format allein den Raum ein. Auf den von der Decke bis fast an den Fußboden reichenden Papierbahnen zeigt Tina Labuzinski in fragiler, dennoch kraftvoller Zeichenarbeit ihre ganz eigene Wahrnehmung von Natur. Nicht gerahmt etwa und damit eingegrenzt, bewegungslos und statisch. Die Bahnen hängen vielmehr frei und folgen in kurvigen Bögen den dargestellten Pflanzenformen.

Die Künstlerin spricht davon, diese Pflanzenformen in Zeichnungen zu "übersetzen". Das kommt von der ungemein genauen Wahrnehmung, mit der sie in der Natur vorkommende Formen, vor allem Pflanzenformen, zunächst beobachtet und dann in gewaltiger Vergrößerung und Überhöhung der Wirklichkeit zu Papier bringt. "Mir kommt es nicht auf die naturgetreue Darstellung an", erläutert Labuzinski die monochromen Zeichnungen, die mit ihrer schraffurartigen, parallelen Strichtechnik auf den ersten Blick an Drucke erinnern. Bei genauerem Hinsehen entdeckt der Betrachter die "Eigentümlichkeiten der Formen" der dargestellten Pflanzen, wie Tina Labuzinski es nennt. Dabei hilft sie mit einem hohen Grad an Abstraktion und Vereinfachung der Formen. "Mein Ziel ist es, diese Eigentümlichkeiten herauszulösen und sichtbar zu machen", sagt sie. Das führt zur Entdeckung sich erstaunlich gleichender "Eigentümlichkeiten" ganz verschiedener Pflanzenarten.

Die Wertschätzung für die Natur, die sich in Labuzinskis Arbeit äußert, gehöre zu ihrem Erbe. So erklärt sich auch der Name der Ausstellung "... wie Erbstücke". Labuzinski stammt aus dem Mecklenburgischen, aus einem Landstrich mit weiten Wiesenlandschaften. "Dort hat mein Großvater noch mit der Sense das Gras gemäht", gibt sie preis. "Diese Landschaft mit ihren klaren Strukturen, Wegen und Linien taucht in mir auf, wenn ich mit weiten Schwüngen die Schraffuren aufs Papier bringe", gesteht Tina Labuzinski weiter. Schon als Kind habe sie begonnen, diese Landschaften und die in ihr vorkommenden Pflanzen zu zeichnen.

Die Druckgrafik ist für die junge Künstlerin neu. Sie hat etliche Ideen mit nach Salzau gebracht, die sie hier in den Druckwerkstätten als überwiegend kleinformatige Kaltnadelradierungen ausarbeiten möchte. "Ich habe bei meinen Ausflügen in die Umgebung sehr spezifische Dinge entdeckt, die ich verarbeiten möchte", sagt sie erwartungsvoll. Besonders haben es ihr Muschelbruchstücke und Pflanzen am Strand angetan. "Je kleiner die Formate und je kleiner und detailreicher die Objekte sind, desto wichtiger wird die genaue Beobachtung", sagt Tina Labuzinski. "Die Wirklichkeit löst sich immer weiter auf, bis nur noch Fragmente bleiben."

Wer die Künstlerin bei der Arbeit in den Druckwerkstätten erleben möchte, hat am Sonnabend, 12. Juni, Gelegenheit dazu. Tina Labuzinski lädt dann zwischen 14 und 17 Uhr zur offenen Werkstatt ein. Mehr Informationen gibt das Landeskulturzentrum Salzau unter Telefon 04303-180 und im Internet unter www.kulturzentrum-salzau.de.

 
 
 
 

Katalogtext von Dr. Dirk Tölke:
Tina Labuzinski
Blaugrüner Teppich in fließendem Wasser/
Zeichnungen
Monschau 2008

Sanfter Widerstand –
Versinnlichte Formkräfte der Natur

Tina Labuzinski ist 1969 in Güstrow geboren, von Kind an der mecklenbur-
gischen Landschaft zugeneigt und 1990-95 in Berlin-Weißensee zur Graphik-
designerin ausgebildet worden. Inzwischen wurden ihr verdient mehrere
Stipendien zugesprochen.

_ Der Katalog macht als Ergebnis von zwei Monaten Montjoie-
Stipendium am Kunst- und Kulturzentrum in Monschau die dort
entstandenen und ausgestellten zwölf plus eins Wandhöhen füllenden Papier-
bahnen mit großformatigen Zeichnungen anschaulich. In ungewöhnlicher
Hängung zeigen sie eigenwillige Pflanzenformen mit einem Klang von
metallener Härte und fasriger Transparenz in einem reduzierten Duktus, der
Zeitlosigkeit atmet und über die strenge Parallelschraffur flüchtig an
Holz- oder Kupferstichtechniken erinnert und so die sachliche Frische der
zeitgenössischen Formungen mit der Anmutung einer
vergangenen Illustrationskunst impft.

_ Eine der Zeichnungen mit dem Titel „Blauregen“, poetisch
nicht nur als Pflanzenname, sondern auch in der sensibel vernetzten Anord-
nung der Lineatur, stammt noch von 2007. Sie fällt sofort auf, weil das
Zeichenpapier hier nach vorne gerollt ist und weil sie mit einem blaugrauen
fetthaltigen Pigmentstift gezeichnet ist, während die anderen Blätter
durchweg in unnatürlich dumpfem Grün und Ergänzungen in Blaugrau
dargestellt sind. Letztes Jahr hat Tina Labuzinski ihre Bildthemen noch durch
kräftige Umrisslinien frei auf die Papierbahnen vorfixiert und danach erst die
gesamte Binnenstruktur ausgearbeitet. In den neueren Arbeiten entwickelt
Tina Labuzinski diese auf den lichtechten und reinlichen Papierbahnen
unwiderruflich festlegende „Umreißung“ des Themas, um Dürers älteren,
heute doppeldeutigen Begriff dafür zu bemühen, in der konturbestimmenden
Vorgabe nicht mehr so bindend, so daß die Pflanzengefüge Segment für
Segment auf der Papierwand wachsen. Heute entstehen alle Linien –
leiterauf, leiterab – in einem sich aufeinander abstimmenden Nacheinander
von Kontur, Schraffur und kompositorischer Korrektur. Der in dieser
Hinsicht unbarmherzige Pigmentstift lässt ein Radieren nicht zu. Allein die
saubere Ausführung der Zeichnungen erweist also schon mal deren hand-
werkliche Qualität.

_ Tina Labuzinski entwirft die Pflanzenform neu und schält ihre
Volumenmerkmale aus dem Weiß des Papieres heraus. So wirkt jedenfalls die
eigentümliche Linienführung ihrer Zeichnungen auf mich. Die Konturhülle
zwingt zum Weiterzeichnen, um diesen Formkeim mit Lebendigkeit und
Geschlossenheit zu versehen. Die von ihr gewählte geriffelte Binnenstruktur
kammartig geführter Linien erzielt über zahlreiche Faltungen und Knicke
eine variantenreiche Vereinheitlichung der Formgefüge, die dadurch optisch
gebändigt werden und einen fast technischen Charakter bekommen. Dieser
scheinbare Widerspruch im Umgang mit Naturformen hat etwas von der
dezenten, aber konzentrierten Stille gerechter Flächen in japanischen Zengär-
ten. Die Zeichnungen erheischen ebenso eindringlich die Aufmerksamkeit
des Betrachters für die vitale Kraft fließender Linien. Tina Labuzinski gibt
den Binnenstrukturen der Linienstränge durch Verdickung der Strichführung
sowohl freie, wie rechnerisch vereinheitlichte oder an der Wuchsform orien-
tierte Verdichtungen und kann dadurch Schattenspiel und Volumen
suggerieren. Allerdings kommt es zu keinem perspektivischen Illusionsraum,
sondern die divergierenden Richtungen der Binnenschattierung atmen nur
Volumen, deuten plastisch geschichtete Geschlossenheit der Form zwar an,
lassen aber noch viel Flächigkeit und Transparenz zu, da Tina Labuzinski im
Gegensatz zur Stichtechnik streng parallel und ohne schwellende Striche,
Linienüberlagerung oder Kreuzschraffur arbeitet. Die Linienführungen wer-
den so mehr zu einem Zeichen für Räumlichkeit, als zu deren nachahmender
Wiedergabe, vergleichbar dem Verhältnis von Fingerabdruck zu realer
Fingeroberfläche. Tina Labuzinski nimmt also erspähte Pflanzenformen nur
zum Anlass für ihre Forminterpretationen, sie kopiert sie nicht.

_ Tina Labuzinkis Zeichnungen platzen nicht aufgeregt in die Welt,
sondern nehmen bescheiden, aber mit unaufdringlicher Selbstverständlichkeit
ihren Platz auf der Wand ein, allein schon vom Format her. Darin steckt eine
schlummernde Kraft, die Tina Labuzinski ihnen nicht mythisch eingehaucht
hat, sondern ganz irdisch und bei Sinnen der genauen Beobachtung der
Pflanzenwelt abgerungen hat.

_ Die Papierbahnen sind bis auf die eine Ausnahme nach hinten gerollt.
Diese Vorwölbung erschwert die Handhabung und zwingt beim Aufrollen zu
mehr Vorsicht im Umgang mit den empfindlichen Oberflächen, dient aber
als Ausdruckmittel der Betonung des Bewegungsflusses, schafft zusätzliche
Dynamik und mindert die Distanz zum Objekt. Wie üblich kleinformatig
gerahmt, würden die Zeichnungen nur isoliert an der Wand hängen.
Dadurch, dass die Arbeiten in den Raum vorstoßen und von Decke bis Fuß-
boden reichen, haben sie am Raum teil und nehmen auf ihn in ihren
Dimensionen Bezug. Dies betrifft auch den Ansatz des Bildfeldes, der auf
Fensterhöhe liegt. Allerdings war der Ausstellungsraum hier auch das Atelier.
Von Hand hat Tina Labuzinski im Stehen und durchaus akrobatisch und
gelenkbelastend von der Leiter aus die Pigmentstiftstriche auf die Bahnen
gebracht. Die gezielt erwirkte provisorische Atelieratmosphäre erhält durch
die Präzision der Ausarbeitung und die knitterfreie Hängung wieder ein
Gegengewicht. Insofern handelt es sich in gewissem Sinne um eine Art archi-
tektonischer Zeichnungen in architektonischem Umfeld, um Aufrisse von
Pflanzenkörpern. Doch auch das ist nur eine an bekannten Vorbildern orien-
tierte begriffliche Näherung an die Zeichnungen von Tina Labuzinski.
Vielleicht ist der Begriff Strukturphantasien für diese eigene Art von interpre-
tierenden Zeichnungen eine passende Kennzeichnung.

_ Die Papierformate und die Bildfelder nehmen also auf den
Ausstellungsraum Bezug, die Bildthemen aber – der Stipendiumsintention
entsprechend – auf den regionalen Raum, denn es handelt sich um Pflanzen,
die im unmittelbaren Umfeld zu finden sind. Die Zeichnungen zeigen Gras,
Fingerhut, und, so der Titel: „Blaugrünen Teppich in fließendem Wasser“, ein
im Flußbett vor den Fenstern zu findendes Pflanzenkonglomerat, das gegen
Wasserstände und Strömung anpassungsfähig zu überleben versteht und Tina
Labuzinski beim Gang durch Monschau auffiel.

_ Da sie sich bei ihren Beobachtungsgängen nur detailarme, strukturelle
Notizen der Verlaufsformen der Pflanzen macht, die keine herkömmlichen
Skizzen sind, werden deren Binnenformen auch später nicht kopiert und
vergrößert, sondern unter kompositorischen Erwägungen durch dichte mit
Wellen und Knickformen durchsetzte Parallellinien nachempfunden und neu
gefunden. Verdickungen der Linien schaffen Plastizität, aber deren teilweise
überstrahlt wirkende Durchlichtung bleibt ohne klare Quelle und gemahnt
an die Reflexionen der im Wasser mitströmenden Blattbüschel.

_ Ihr Blick für die Natur muss in Jugendtagen in mecklenburgischen
Seen- und Sumpflandschaften gefestigt und geschult worden sein, aber die
Zielrichtung ihrer Anschauung war ihr wohl schon vorher gegeben. Tina
Labuzinski sieht Formungen in der Natur zugleich mit deren Reaktion auf
die Wirkkräfte der Natur, sie sieht Unscheinbares und Kleinformatiges, aber
sie sieht es nicht als entzückendes, mit bunten Blüten herausstechendes
Pflänzchen oder als botanisches Fundstück, die Klassifizierungsmerkmale
quasi schon auf der Zunge, oder nur als anmutig beglückendes Gewächs,
sondern sie scheint die Kontur, Textur und Struktur der Pflanze als gerichtete
lebendige Form zu sehen, in der vitale Kräfte schlummern, in denen als
Potentiale Wuchsrichtungen und Widerstandskraft angelegt sind. Das ist es,
was sie in ihren Zeichnungen sichtbar und angesichts der gewählten
Dimensionen geradezu unübersehbar macht, wodurch die unscheinbaren
Pflanzen eine respektheischende Wirkmacht bekommen.

_ Man sieht aus fest konturierten, ähnlich aufgebauten Elementen
bestehende Gruppierungen von Formen, die als locker züngelnde Schichtung
oder als gebündelte Schwarmstruktur auftreten und aus einem frei gestaffel-
ten oder kompakt gestuften, in sich ähnlichem Formenkanon aufgebaut sind,
ohne sich im Detail sonderlich zu wiederholen. Diese geduckt, geballt und
leicht verschlossen wirkenden kompakten Vergesellschaftungen von
Wesenheiten zeigen lebendige Natur ohne detailverliebten Nachahmungstrieb
und illusionistische Darstellung, sondern als geformte Natur mit Charakter.
Die sanfte Wehrhaftigkeit und unbeachtete Stärke dieser sich ineinanderkau-
ernden oder sich geschmeidig gegen Wind und Wasser aufbäumenden und
behauptenden Gewächse kommt durch Tina Labuzinskis Zeichnungen in
den Blick. Man sieht: Kraft erzeugt Gegenkraft, Belastung fördert Zellwachs-
tum, Sonne, Wind und Strömung formt die Zellstruktur und denFaserverlauf
der Gräser. Die unterkühlte Naturfarbe des Pigmentstiftes unterstützt diese
besondere Fokussierung auf die an den Pflanzenformen wirkenden
Naturkräfte, die Tina Labuzinski ihren Charakterstudien zu geben vermag.

_ Ihre Aufmerksamkeitsintention kombiniert technische und natürliche
Form, sachliche und sensible Wiedergabe, objektbezogene und distanzierte
Farbigkeit. Die Naturform mutet natürlich an, aber ihre Struktur ist
künstlich nachempfunden und damit in ihrer stilisierenden Verkürzung eine
künstlerisch überarbeitet und interpretierte Formgebung. Das macht den
eigenen Stil aus, den Tina Labuzinski gefunden hat, deren Blätter selbstbe-
wußte Präsenz zeigen und der lange vernachlässigten Gattung der Zeichnung
verdiente Aufmerksamkeit schenken können.

Dr. Dirk Tölke (Aachen)

 
 
 
 

Katalogtext von Steffen Dillge:
Tina Labuzinski, Zeichnungen
Berlin 2007, Neue Bücher Verlag

Als Tina gegangen war, legte ich mich aufs Bett. Auf dem
Rücken liegend sah ich durch das obere Fensterlicht auf die
sechs Firststeine des Vorderhauses. Sie paßten, wie sie
immer paßten, genau in den Rahmen des Fensterecks: Stein
eins, Stein zwei bis sechs, auf Kante genau. So lag ich und
bewegte mich nicht, damit das Bild, damit die Einheit
bleiben und ich müde werden konnte, in Gedanken an
alte Freunde, auf die Verlaß ist. Sie hatte "nein" gesagt, das
alles hätte nichts mit Berlin zu tun – der Stadt –, sie hätte
auch früher schon Pflanzen gezeichnet. Früher.

_ Als halbe Kinder haben wir uns getroffen. Wir spazierten
raus aus der "Stadt", was wir so nannten, weil wir noch
nicht ahnten, was eine wirkliche Stadt wäre.
Tina wußte immer, wohin sie wollte: raus. Nicht auch nur
einmal saßen wir in einem städtischen Café. Wir gingen
zum Sumpfsee. Wir fuhren mit dem Rad ins Nebeltal.
Wir machten eine Tour zum Krakower See. Sie voraus. Ich
hinterher – immer ein bißchen feierabendmüde, fröstelnd,
während sie sprach, von Dingen, auf die sie zeigte: Formen,
Hölzer, Steine, Farben, Lichtgebrochenes. Ich sah die
Dinge auch. Ich sah das Licht, die Farben, alles. Es war da.
Ich fand es evident. Mich interessierte ... ok. – Andere
Geschichte.

_ Meistens genügt der Blick auf die Steine. Wenn ich
irgendwann die Augen schließe, höre ich auf das
monotone auf- und abebbende Rauschen der Danziger und
Prenzlauer – und bin weg ... immer, sehr schnell. Als ich
aufwachte, sah ich wieder die Steine, sechs an der Zahl,
und ich fragte mich, warum zeichnet sie die nicht, wenn das
alles nichts mit der Stadt zu tun hat, Steine eben oder
ganze Häuser oder Teile davon, Straßenfluchten oder Teile
davon, urbane Perspektiven, Autos, Menschen, Menschen,
Autos ... ich sah wieder auf die Steine, zählte noch einmal
durch, eins bis sechs, und fühlte mich alt. Und rechthabe-
risch. Seit zehn Jahren rede ich davon, daß ich weg will, raus
will aus der Stadt, zurück nach Mecklenburg.

_ Ach Tina, auch wenn das natürlich alles nichts mit der
Stadt zu tun hat, ich kann einfach nichts dagegen
tun, ich sehe Deine Zeichnungen und sehe Mecklenburg,
den Sumpfsee, das alles, und jetzt ist es gar nicht mehr
evident, gar nicht mehr klar, einleuchtend und ausgemacht,
es ist schön, sehr schön, wunderschön ... Menschenskind ...
ich werd’ doch jetzt nicht mit Heulen anfangen.

Steffen Dillge

 
 
 
 

Exposé

Thema der Arbeit ist die Übersetzung von Pflanzenformen in einer Serie von Zeichnungen.
Mein Ausgangspunkt ist die Betrachtung der Natur und die Auseinandersetzung mit deren
Formverhältnissen.

_ Ich suche die Darstellung von Überhöhungen urtümlicher Merkmale einzelner
Pflanzenformen, die Transformation von Eigentümlichkeiten, mit welcher der spezielle
Charakter der Formvorlagen herausgehoben wird.
Die filigrane Technik und die sehr große Abbildung akzentuieren den Hinweis auf
Ursprünglichkeit und Transparenz von Naturschönem, das Motivation für meine Arbeit ist.

_ Jede Formkomposition wird auf jeweils ein Format gezeichnet. Die Art der Zeichnung
interpretiert die Kupferstichtechnik. Die Beziehung der Formen zueinander wird in einer
Zusammenstellung gezeigt.

_ Die Komposition von artgleichen Eigenwilligkeiten unterschiedlicher Pflanzenformen
gewachsenen Formen gegenüberzustellen und mit der Architektur von verschiedenen
Lebensräumen in Beziehung zu setzen, ist weiterführend Thema meiner Arbeit.